Für den 10.10. mobilisiert die sogenannte Bürgerinitiative „Wir lieben Gera“ zu (laut Facebook) Jörg Krautheims Veranstaltung „Demo in Gera – 10. Oktober 2015 – Schluß mit dieser verfehlten Asylpolitik“.
Jörg Krautheim? Den kennt man doch.
Jörg Krautheim zählt zu den Mitbegründern der 1993/94 gegründeten „Kameradschaft Gera“, die mehr als 50 Anhänger*innen hatte und eine wichtige Rolle beim „Thüringer Heimatschutz“ (THS) spielte. Zeitweise wurde der Zusatz Nationale Sozialisten verwendet. Im THS zählte Krautheim zu den führenden Kräften, er meldete Demonstrationen an und zeigte sich verantwortlich für mehrere Schreiben / Flugblätter. Der THS gilt heute Keimzelle des späteren rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU).
1997 wurde Krautheim NPD Mitglied, trat auf den Landeslisten der NPD zu diversen Wahlen an und gehörte ab 1999 auch dem Landesvorstand an. Krautheim gehört damit zu jenen, die Ende der Neunziger Jahre das Fundament für die bis heute andauernde enge Zusammenarbeit zwischen der NPD, den „Freien Kräften“ und der subkulturell geprägten Szene in Gera legten. Krautheim versuchte das Konzept vom „Kampf um national befreite Zonen“ umzusetzen. Im Sinne von propagierter Einheit und Radikalisierung diente der Kreisverband der NPD als Wahl- und Aufmarschorganisation, während die Kameradschaft den inoffiziellen Ableger für halblegale Aktionen und Angriffe auf GegnerInnen darstellte.
Kurz bevor die Polizei 1997 in Heilsberg bei Saalfeld das größte je gefundene Waffenlager der Neonazi-Szene aushob verbarrikadierte sich Krautheim zusammen mit anderen THS-Kadern wie André Kapke in dem Szenetreff.
Gegen Krautheim und weitere Kameradschaftmitglieder wurde im Jahr 2000 nach einem Anschlag im Juni auf ein islamisches Gebetshaus in Gera ermittelt. Krautheim wurde in der Nähe festgenommen, im Prozess jedoch freigesprochen. Die Thüringer Allgemeine spekulierte danach über eine mögliche Tatigkeit als Informant des Geheimdienstes.
Später machte Krautheim mit seinen unternehmerischen Tätigkeiten von sich reden. Mit anderen betrieb er die „Aufruhr Versand GbR“, einen der damals bedeutendsten Neonazi-Versandhandel. Der Verkauf indizierter Frank Rennicke Tonträger brachte bereits 2001 Hausdurchsuchungen ein. Die letzte Durchsuchung blieb es nicht. Auch der Hack der Internetseite des Versandes im April 2006, bei dem
7500 Kundendatensätze erbeutet und ins Netz gestellt wurden, machte Schlagzeilen. Fatal, hatte Krautheim doch behauptet, es würden keine Daten online gespeichert. Später versuchte sich Krautheim als Kampfsport-Unterstützer und Hobbyfotograf. Öffentlich taucht er sporadisch bei regionalen Neonazi-Demonstrationen auf. So etwa auf den Ende 2014 von David Köckert organisierten Demonstration gegen ein Asylbewerberheim in Greiz-Pohlitz.
Krautheim solidarisiert sich offen mit Horst Mahler und anderen Geschichtsrevisionisten. Es gibt Anzeichen, dass er neben anderen für die Inhalte von „Wir lieben Gera“ auf Facebook verantwortlich ist. Laut eigenen Aussagen und Fotos, gehört der umtriebige Neonazi zu den Organisatoren der sogenannten Bürgerinitiative.
Quellen: Facebook-Profile von Wir lieben Gera, David Köckert, Thügida, Wir lieben Ostthüringen, Der Rechte Rand, Blick nach Rechts, Mobit, Thüringen Rechtsaußen, Indymedia, Wikipedia, u.a.
1 Gedanke zu „"Wir lieben Gera" – schlecht getarnte Nazis.“
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